Vom Pinsel zum Post: Meine Reise ins Social Media Marketing
Als ich meinem Umfeld davon erzählte, dass ich mich bei einer PR- und Content-Marketing-Agentur auf ein Volontariat in Social Media beworben hatte, waren die Reaktionen flächendeckend homogen: eine zurückhaltende Mischung aus „Aha“ und verständnisvollem Nicken. In mir steckte doch so viel Kreativität: Musikerin, Künstlerin und studierte Modedesignerin. Musst du denn wirklich mit deiner künstlerischen Ader, deinem Potential, deinem Freigeist und kühnem Verstand ins Social-Media-Marketing gehen? Ja, das musste ich wohl.
Vielfältig und rastlos: Die Karriere einer zertifizierten Wirbelwindlerin
Denn neben Freigeist und Kreativbündel bin ich vor allem auch eins: Zertifizierte Wirbelwindlerin. Das bedeutet, dass ich mich nicht nur von allen möglichen Dingen begeistern lasse, sondern dass ich mich inmitten dieser Sintflut an Möglichkeiten auch immer wieder um meine eigene Achse drehe. Das ist einerseits toll, denn es hilft mir in vielen Lebenslagen den nötigen Antrieb mittels Begeisterung zu finden, andererseits ist es aber auch echt anstrengend. Damit bin ich nicht allein, das weiß ich. Immer mehr junge Menschen wissen einfach nicht, was sie aus ihrem Leben machen wollen. Wie auch, bei diesem absurd aufgeblähten Überangebot? Nicht jede:r weiß von klein auf, wo die Reise hingeht. Das ist okay und das ist auch erlaubt.
Dass ich im Laufe meines Erwachsenwerdens schon alles Mögliche werden wollte, überrascht deshalb eher weniger: Sängerin, Busfahrerin, Archäologin, Künstlerin, Journalistin, Chirurgin, Politikerin, Psychologin, Kunsthistorikerin, Architektin, Barkeeperin, Modedesignerin.
Heute bin ich Musikerin, Künstlerin, eine halbe Kunsthistorikerin und sogar eine studierte Modedesignerin. Und bald werde ich auch eine zertifizierte Social-Media-Managerin sein. Das alles bin ich, weil ich irgendwann gelernt habe, dass man „etwas sein“ und „in etwas arbeiten“ unbedingt voneinander unterscheiden muss. Seit dieser Erkenntnis habe ich mein Dasein als Wirbelwindlerin auch zunehmend besser annehmen können.
Von DIY-MySpace zu B2C-Instagram
Was hat das jetzt alles mit Social Media zu tun? Geboren als eine der letzteren Millennials – oder besser gesagt als Zillennial – habe ich die Geburtsstunde aller Socials miterlebt. Mein erstes Ticket in die digitale soziale Welt? Musik-Foren. In meinen rebellischen Teenager-Jahren hat mich nichts besser ausgedrückt als meine selbst-programmierte MySpace-Page. Noch bevor Facebook in Deutschland der Durchbruch gelang, brachte mich eine U.S.-amerikanische Freundin auf die Plattform.
2009 hatte ich sie dann als zertifizierte Wirbelwindlerin natürlich alle: MySpace, YouTube, SchülerVZ, Facebook, Tumblr, Twitter, Wer-kennt-Wen, Pinterest und Co. Und 2011 kam dann auch noch Instagram dazu. Was damals auffällig anders war: Schillernde Markenbotschaften und Kauf-Mich-Buttons suchte man vergeblich in den Feeds. Das ist heute kaum vorstellbar, schließlich ist Instagram als B2C-Plattform mittlerweile der place to be für alle Marketers.
3,2 MP Handy-Kameras: Der Charme des Unperfekten
Auch der Konsens war ein anderer. Irgendwie echter. In den Feeds tummelten sich größtenteils gewöhnliche Themen aus gewöhnlichen Leben. Wer sich noch an die Handy-Kameras aus den 2010-er Jahren erinnert, der weiß, dass mit 3,2 Megapixel mehr auch gar nicht möglich war. Ja, Filter gab es da schon, aber das Ergebnis wurde dadurch nicht unbedingt besser. Wer hochwertige Fotos oder Videos wollte, musste deshalb noch zu Digitalkameras greifen. Und damit produzierten auch die ersten Influencer:innen noch ihren Content.
Influencer:innen gibt es nämlich schon seit 2007, also bereits vor Facebook und Instagram. Die erste mediale Resonanz erzeugten sie auf Youtube. Auf ihren Channels haben sie dann zwar genauso ihre Impacts in nützliche DIYs und How-Tos verpackt, wie sie es auch heute noch tun, aber damals hatte man das ganze System noch nicht so ganz greifen können. Man war einfach dankbar, dass man sich durch dieses vollkommen neue Feature so viel neues Wissen aneignen konnte. Auch deshalb dachte ich lange Zeit nicht, dass das Phänomen Social Media irgendwann ganze Abteilungen mit unzähligen Arbeitsplätzen fordern würde. Es war einfach zu gewöhnlich, zu persönlich, zu privat.
Und plötzlich ersetzt dynamischer Content lineare Informationsquellen
Jetzt haben wir 2024 und die Welt ist eine ganz andere. Streaming hat das Kabelfernsehn abgelöst und auch wenn ich nach wie vor ein großer Fan der Tagesschau bin, so schaue auch ich schon lange nicht mehr gebündelt am Abend für 15 Minuten die Nachrichten, sondern konsumiere ständig das Neuste aus aller Welt über mein Instagram Feed.
Bleiben wir doch Mal bei diesem Vergleich: Unzählige Formate und Accounts bespielt die Tagesschau mittlerweile, dabei braucht jedes Format den passenden, zugeschnittenen Content. Klar also, dass mittlerweile ein ganzes Team hinter diesen vielen Aufgaben steht. Und trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Menschen die Arbeit, die hinter einem gut recherchierten, informativen, qualitativen und gut aufbereiteten Social-Media-Post nicht sehen. Und auch deshalb musste ich vielen aus meinem Umfeld erklären, dass man als Social-Media-Managerin durchaus alle Hände voll zu tun hat und dass dabei keineswegs die Kreativität zu kurz kommt. Hier trifft Strategie auf Kunst, Management auf Spontanität, Analyse auf Neuanfänge und Text auf Templates. Strategische Kunst a la Bauhaus vielleicht, Wissenstransfer durch digital collaging, denn auch auf Social Media isst das Auge mit.
Wenn Social Media zur kreativen Spielwiese wird
Wer in den Socials seine Zielgruppe erreichen will, braucht überzeugende Visuals. Wer in den Socials seine Zielgruppe halten will, macht sie zur Community. Wer in den Socials seine Community begeistern will, braucht Content, der nicht nur zur Community passt, sondern sie fördert und ihr einen Raum des Austausches ermöglicht.
Egal ob Musiker:in, Architekt:in oder Immobilienentwickler:in, für einen erfolgreichen Auftritt in den Socials braucht es Ideenreichtum, Vielfältigkeit, Weitsicht und Sympathie. Dabei gibt es oft kein richtig oder falsch. Ständig Neues auszuprobieren, gehört hier zum kleinen Einmaleins, dafür sorgen schon die ganzen neuen und immer wiederkehrenden Trends, die die Richtungen der Plattformen vorgeben. Und genau deshalb passe ich als zertifizierte Wirbelwindlerin auch einfach richtig gut hier rein, denn hier befinde ich mich im Schlaraffenland ungezähmter Möglichkeiten.